Ein Stück Knete auf seinem Weg durch die Nachrichtenflut
Samstag, 21. Juni 2008, 01:32
Medienknete

Die Mediendemokratie

Bei einer Wahl seine Stimme abzugeben, heißt die Katze im Sack zu kaufen. Denn wer kennt schon die tatsächlichen Parteiprogramme, oder kann sich sicher sein, dass eine Partei nach der Wahl auch ihr Programm durchsetzt? Wählen geschieht generell unter Informationsmangel, darum orientiert sich der Wähler zwangsläufig am Markenimage der Parteien. So wie Zigaretten für "Freiheit" oder Biolebensmittel für "Gesundheit" stehen können, so versuchen Parteien, Begriffe wie "Gerechtigkeit", "Aufschwung" oder "innere Sicherheit" für sich zu vereinnahmen. Eine wichtige Rolle im Medienauftritt der Parteien spielen dabei die Spitzenpolitiker. Sie sind die Stars in den Werbekampagnen der Parteien. Durch sie bekommen trockene Sachthemen ein Gesicht, die persönliche Note, gleichzeitig rückt dadurch aber auch der menschliche Faktor ins Visier der Öffentlichkeit. Für den Erfolg einer Partei ist die Qualität ihrer Politik und ihres Programms weniger entscheidend, als der Sympathiewert und das Ansehen ihrer Politiker.

Ein Star zu sein bedeutet für den Politiker, dass er zum Thema der Boulevardpresse werden kann. Die ist ja bekanntlich gnadenlos in ihrem Urteil. Und unberechenbar. So darf zum Beispiel ein Nicolas Sarkozy durchaus seine neue Liebschaft in die Öffentlichkeit tragen, ein Rudolf Scharping aber nicht.

Doch wie wichtig können Einzelpersonen überhaupt sein in einer Demokratie, in der ja angeblich "alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht". Kann beispielsweise eine Parteispitze ihre Basis in eine Richtung führen, in die diese von selbst nie gegangen wäre? Wenn man an Gerhard Schröders Regierungszeit zurück denkt, in der die SPD einen beispiellosen Rechtsruck hin zur "Mitte" durchgemacht hat, so muss man diese Frage wohl mit "ja" beantworten. Die Haltung einer Partei erfahren nämlich auch ihre Mitglieder letztlich durch die Medien, dort aber kommen regelmäßig nur die Funktionäre zu Wort. Da jede Partei in der Öffentlichkeit den Anschein von Geschlossenheit erwecken muss, kann sich auch kaum Widerstand gegen die offizielle Linie organisieren. Nirgends wirkt die Schweigespirale so gut wie unter Fraktionsdisziplin.

Thesen

  • Parteien sind Marken, Politiker sind Stars.
  • Politiker sind für Medien interessant, weil sie Macht haben, und sie haben Macht, weil sie in den Medien sind.
  • Politiker und Journalisten sind aufeinander angewiesen, doch sie haben verschiedene Ziele: Politiker wollen gute Presse, Journalisten interessante Stories.

»Angela und Kurt: Haben sie sich noch lieb?«

Politische Themen werden in den Medien an Personen aufgehängt.


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